6. Woche 4. - 10. Juni 2007

 

4. Juni 2007

 

Es ist Montag. Ich konnte lange schlafen und der Hunger treibt mich raus. Nachdem ich gegessen habe, streife ich durch die Altstadt.

 

 

 

Ich treffe viele, die mit mir gepilgert sind. Zusammen gehen wir nochmal um 12 Uhr in die Kathedrale zur Pilgermesse. Da wir früh dort sind, können wir noch zur Statue des H. Santiago gehen. Der wird nach alter Tradition umarmt und geküsst. Sonntag war das wegen Überfüllung nicht möglich. Heute war die Kathedrale nur mit hunderten Pilgern gefüllt.

Auf der Kanzel eine Nonne, die die Anzahl der Pilger aus den jeweiligen Ländern bekannt gab. Aus allen Kontinenten waren sie gekommen. Sie studierte noch zwei lateinische Koräle mit uns ein. Es wäre sonst wohl babylonisch geworden. Die Messe begann. Plötzlich zum Sanctus spricht sie uns in Deutsch an und bittet uns “Herr wir preisen deine Stärke” zu singen. Sie wusste, das alle Deutschen das Lied singen konnten. Das riesige Kirchenschiff war erfüllt mit unseren Stimmen. Mir versagte fast die Stimme und die Tränen liefen. Diese Erinnerung kommt jedes Mal bei diesem Lied, auch nach 1 Jahr. Zum Schluß sagte ein deutscher Pfarrer “Gebt Euch zum Frieden die Hände”. Nun lagen wir uns endgültig in den Armen. Keiner konnte die Tränen zurückhalten. Wenn bei uns Zuhause die Orgel das Lied anstimmt, geschieht mir immer noch das Gleiche. Es war sehr mystisch. Wir sahen uns hier zum letzten Mal, bevor wir uns in alle Welt zerstreuten.

Ich gehe nochmal zu dem schönen Restaurant mit dem romantischen Garten und bestelle ein Menü de Peregrino. Ich sitze unter dem Kamelienbaum, der rote und weiße Blüten trägt. Hier könnte ich Stunden sitzen und es mir gut gehen lassen.

 

 

Der Kaufrausch befällt mich und ich muß für alle ein Geschenk kaufen. Ich darf keinen vergessen. Ich liebe meine Familie. Der Rucksack wird immer schwerer, aber ich brauche ihn ja nur noch zum Bus zu schleppen.

 

 

 

5. Juni 2007

 

 

 

 

 

Heute bin ich früh aus den Federn. Ich will an das “Ende der Welt - nach Fisterra”. Dort finde ich gleich ein Hostal mit Desajuno für 18 Euro mit Fernseher. Ich erkunde das Dorf und den Hafen und treffe hier viele Pilger wieder. Mit großem “Hallo” verabreden wir uns zum Sonnenuntergang am Leuchtturm. Ein großer Stein mit Muschel zeigt hier das Ende des “Carmino de Peregrino” an.

Während man auf den Sonnenuntergang wartet, werden die kaputten Socken, Hosen und Hemden verbrannt. Dazu gibt es Musik und viel Rotwein. Die Sonne taucht erst gegen 22 Uhr ins Meer. Man hat Zeit zum nachdenken. Eine ältere Dame sitzt schräg unter uns. Sie betet laut, während ihr die Tränen über das Gesicht laufen.

Das sind wieder die magischen Momente. Die Sonne ist versunken. Ein kalter Wind beschleunigt den Rückweg. Ich muß zwei Carachillo trinken, so kalt war mir.

 

 

 

6. Juni 2007

 

Um 8 Uhr werde ich durch laute Hammerschläge geweckt. Nebenan beginnt die Arbeit am Neubau. Das Frühstück besteht aus einer Tasse Kaffee, zwei Croissants, vier Scheiben Toast, Marmelade und einen Klecks Butter. Naja, die Spanier essen erst abend richtig.

Ich gehe zum Strand. Ein feiner weißer Sand mit den schönsten Muscheln übersät. Auf 3 km sind nur 4 Menschen. Es ist traumhaft schön. Ich finde Jakobsmuscheln und suche noch weitere. Am Ende bringe ich 2 kg der schönsten Muscheln zusammen. Der Rucksack wird schwer.

Zurück im Dorf treffe ich Michael aus Berlin wieder. Er war Pilot auf einer Phantom. Ein interessanter Mensch. Wir setzen uns in eine Bar und tauschen uns aus, was in der letzten Woche so geschehen war. Ich hatte ihn vor “Foncebadon” aus den Augen verloren.

 

 

 

7. Juni 2007

 

Ich wache auf und schaue aus dem Fenster. Heute sehe ich die Sonne nicht direkt. Es ist also Wandertag. Ich ziehe mich an und erkunde die Halbinsel. Vom Hostal bis auf die andere Seite sind es ca. 1 km. Hier gibt es einen kiesigen Strand. Der Wind bläst riesige Wellen auf den Kies, sodaß Wasserstaub in der Luft liegt. Die Sonne zeigt einen schönen Regenbogen.

 

 

 

8. Juni 2007

 

Heute ist es noch trüber. Das richtige Wetter für eine große Wanderung. Ich möchte die Strände auf der Westseite sehen. Es sind vier bis “Cee” einer kleinen Stadt. Die ersten Strände sind kleine und lauschige. Die beiden großen sind erschlossen mit Strandkaffee.

Auf der Rücktour überhole ich viele Pilger und sehe dann, daß ich auf dem allerletzten Abschnitt (20 km) des Jakobsweges bin. Es sind viele deutsche Pilger mit großen Rucksäcken dabei. Ich unterhalte mich mit Ihnen und gebe Tipps. Am Abend gehe ich in die historische Pilgerkirche, die letzte vor dem “Ende der Welt”. Sie ist überfüllt und ich bekomme nur noch Platz auf den Stufen des Seitenaltars. Nun singt der Kirchenchor. Ansgar Faust (Chorleiter von St. Nikolaus) hätten sich die Nackenhaare gesträubt. Der Chor machte die Fehler, die er uns schon ausgetrieben hat.

 

 

 

9. Juni 2007

 

                                  

 

 

 

 

Morgens am Strand begegne ich einer Schweizerin, Francine. Sie kennt die Historie des Ortes und weiß wo die “heiligen Steine der Kelten” zu finden sind.

 

 

                                

 

Ich bin neugierig und bitte sie mich dort hinzuführen. Sie hat Zeit und wir machen uns auf den Weg. Die Steine sind weit oberhalb vom Leuchtturm. Erst ein Pfad, dann geht es weiter durch Gestrüpp. Oben angekommen, sehe ich zwei tonnenschwere und rundgeschliffene Felsen nebeneinander. Die Schweizerin tippte die Felsen an und brachte diese zum Schwingen, ca. 20 cm unglaublich: Nun sollte ich was wünschen, das gehörte dazu. Ein magischer Moment kaum zu glauben.

Danach gehen wir zurück zum Kap und treffen unterhalb vom Leuchtturm viele Pilger. Sie verbrennen alles was sie auf der Pilgertour getragen haben und nun nicht mehr brauchen. Socken und Hemden, ein fürchterlicher Gestank, aber Tradition.

 

 

 

10. Juni 2007

 

 

 

 

                                                

 

 

                                  

 

Ich habe mich mit Francine um 9 Uhr verabredet. Sie wird mir die schönsten Strände auf der Ostseite der Halbinsel zeigen. Sie meint, wir brauchen viel Wasser, es wird anstrengend. Da ich nur den kiesigen Strand kenne, mache ich mir keine große Hoffnung. Es geht nach meinem Wunsch stur die Küstenlinie entlang. Anfangs geht es durch kniehohes Gestrüpp. Ich will schon aufgeben, dann beginnt ein neuerschlossener Weg. Nun geht es zügig weiter. Nach 3 Stunden wird eine Quelle angekündigt. Dann sehen wir sie, sie sprudelt aus dem Felsen. Ein Schild zeigt an “Eine heilge Quelle”. Wir füllen unsere Flaschen und machen eine Pause. Danach geht es weiter und nach 40 Minuten sehen wir den Strand. Er ist ein ca. 2 km langer feiner Sandstrand. Völlig menschenleer. Der nächste Strand ist gleich anschließend. Doch diesmal spielen Kinder am Wasser und Erwachsene grillen.

 

 

Hier ist Ende unserer Tour. Wir sind erschöpft, kühlen die Füße im Wasser und ruhen uns etwas aus. Danach laufen wir zum nächsten Dorf und beschließen mit dem Taxi zurück nach “Fisterra” zu fahren. Ich bedanke und verabschiede mich bei Francine für die abenteuerliche Tour. Morgen geht es zurück nach “Compostella”. Der Heimflug naht.

 

                                                                                                                                                                   nach oben