3. Woche 14. - 20. Mai 2007

 

14. Mai 2007

 

Ich habe in dem Brillentrubel meine Aufzeichnungen vergessen. Ich merke es erst in “Castojeritz”.

 

 

 

Dort wird gerade der “Heilige Isidro” durch die Straßen getragen. Ich möchte dabei sein, schnell den Rucksack in die Alberga gebracht und zurück. Ich kann noch mit zur Kommunion gehen. Vor dem Portal wird sein Namenstag gefeiert.

 

 

 

 

 

 

                                

 

Ich werde eingeladen. Es gibt Wurst, Käse, Wein und Brot. Ich bin richtig satt. Die Jungfrauen zeigen ihre schönen Trachtenkleider. Es wird getanzt. Die Reste vom Fest bekomme ich.
 
Ich kaufe eine Telefonkarte für 6 Euro. Damit kann ich 45 Minuten telefonieren. Jedoch nicht in jedem Dorf ist eine Zelle, die das erlaubt. Hier geht es und ich rufe meine Familie an.

 

 

 

15. Mai 2007

Morgens um 6 Uhr geht es zur Stadt hinaus. Abwärts zum Fluß. Ich gehe durch Wiesen, die wie bunte Blumensträuße leuchten. Natürlich gibt es die großen Schmetterlinge (siehe Hape). Manchmal glaube ich, der Herrgott will mich für die Strapazen, die ich auf mich nehme, belohnen.

 

 

 

 

 

Es geht steil aufwärts. Manfred aus Wien (Baujahr 1939) holt mich ein. Wir haben das gleiche Tempo, also laufen wir ab jetzt zusammen, denn die “Meseta” ist ein 200 km langes Kornfeld. Etwas triste. Manfred hat die Welt bereist und kann viel berichten. Wir gehen bis “Villacazar de Sirga” (38 km). Es gibt keine Berge, so ist das gut möglich. Es gibt ein Problem, Manfred hat neue, nicht gewaschene Strümpfe angezogen, worauf seine Haut allergisch reagiert. Es sieht furchtbar aus. Die Füße sind voller Blasen. Wir müssen in die Apotheke. Dort kauft er für ca. 100 Euro Pflaster und es geht weiter. Immer wieder Störche. 20 Stück auf einmal auf einer Wiese. Sie sind auf der Suche nach Futter.

 

 

 

16. Mai 2007

 

 

Wir gehen am Zentralkanal entlang. Er versorgt die Meseta mit Wasser. Nach 36 km kommen wir in “San Nicolas del Real Camino” an. Die Alberga wird von freundlichen Menschen geführt. Alles ist sauber und adrett. Im 6-Betten Zimmer gibt es seidiges Bettzeug. Wir brauchen den Schlafsack nicht aufmachen, traumhaft. Abends esse ich noch eine “Patata Tortilla”. Ich bekomme sie von der Herbergsmutter. Extra für mich, lecker, frisch, preiswert und nahrhaft. Die Alberga ist aus Lehmziegel gebaut. Von außen gut isoliert gegen Regen. Von innen ist sie im Urzustand, rustikal. Beim Wäsche waschen lernen wir einen 77jährigen Amerikaner kennen, der 1936 vor den Nazis aus Wien geflohen ist. Das interessierte Manfred und wir sind spät ins Bett gekommen.

 

 

 

17. Mai 2007

 

 

Etwas unausgeschlafen geht es morgens um 6 Uhr los. Wir fühlen uns wohl. Heute pilgern wir 44 km bis “Mansilla de las Mulas”. Ein Deutscher aus Alfter bei Bonn leitet die Alberga. Es geht richtig rheinisch lustig zu.

 

 

 

18. Mai 2007

 

 

 

 

 

Heute sind es nur 18 km bis “Leon”. Ich möchte mir die Kathedrale und die Stadt ansehen. Manfred muß weiter. Er hat Termine - “Auf Wiedersehen”. Ich muß dringend meine Schuhe besohlen lassen. Sie sind rundgelaufen. Ich frage mich durch bis zu einem kleinen Laden. Der Besitzer hilft mir sofort und knipst noch zwei neue Löcher in meinen Gürtel. Die Hose rutscht. Ein sehr netter Mensch. Mir fällt auf, alle Menschen sind freundlich zu mir. Liegt es an mir oder sehen sie in mir den Pilger? Egal, hauptsache nett.

 

 

 

“Leon” war eine wehrhafte Stadt mit großen Stadtmauern, die noch sehr gut erhalten sind. Auch die Kathedrale zeigt die Wehrhaftigkeit in ihren Fenstern. Mord und Totschlag in der Kirche? Das haben wir in der Kathedrale von “Brüssel”, bei einer Fahrt 2006 mit dem Kirchenchor, auch gesehen. In “Leon” waren es die Mauren und in “Brüssel” die Juden.

Ich kaufe mir Tortilla und gehe in die Alberga. Sie ist kein Vergleich zu “Burgos”. Sauber, auch die Toiletten, 8-Betten Zimmer und ein gemütliches Cafe. Ich kann trotzdem nicht schlafen. Es gibt eine Fete mit Dudelsackmusik und die raubt uns den Schlaf.
Fazit: “Alles hat irgendwo einen Haken”.

 

 

 

19. Mai 2007

 

 

Ich gehe früh los und verirre mich in der großen Stadt. Alle die ich frage zeigen in eine andere Richtung. Ich sehe zwei Pilgerinnen, zu erkennen am schweren Rucksack mit Jakobsmuschel. Ich schließe mich an und komme so wieder auf den richtigen “Jakobsweg”. Die Damen pausieren und ich gehe weiter. Es ist ein öder Weg an der Autobahn entlang. Vor mir ein Pilger, wie sich herausstellt - Michael, ein Berliner. Er ist nicht sonderlich gesprächig. Ich frage ihn nach seinem Motiv zum Jakobsweg. Er will sein Karma verbessern. Er ist auf der Reise der Erkenntnis. Er ist ein interessanter Mensch. Er ist ehemaliger Pilot auf einer Phantom F4. Ich löchere ihn und die Autobahn ist vergessen.

 

 

In “San Martin del Camino” kehren wir ein. Es ist ein Hostal für Pilger. 15 Euro mit Abendessen und Frühstück im 2-Bett Zimmer mit Bettwäsche. Komfortabel, alles zum Wohlfühlen. Ich wasche schnell Hemd und Hose und überrede Michael zu einem heißen Carachillo mit Showeinlage. Zurück zum Abendessen sitzen schon alle am Tisch. Bis auf Michael, der kommt als letzter, schaut mich an und sagt: “Deine Wäsche trocknet im Regen!”. Der ganze Tisch biegt sich vor Lachen.
Fazit: “Etwas Negatives kann auch erheitern”.

 

 

 

20. Mai 2007

 

 

Es ist ein nasskalter Tag. Wir führen interessante Gespräche, so fallen unsere Füße kaum ins Gewicht. Unterwegs kommen wir an einer ca. 20 m hohen Lehmwand vorbei. Sie war gespickt mit einer großen Zahl von Höhlen kleiner Vögel. Wie in einer kleinen Stadt laut und geschäftigt.

 

 

 

In “Astorga” angekommen steuern wir die städtische Alberga an. Sie ist geheizt und hat eine Küche. Michael lädt mich zum   Spagetti-Essen ein. Ich bin seit Wochen mal wieder richtig satt. “Astorga” ist ein Juwel, sauber, freundlich, übersichtlich. Der Bischofsitz ist ein architektonisches Juwel von “Gaudhi” geschaffen. Er ist eine Besonderheit zwischen den alten Bauten in der Stadt. “Danke Gott” für all das Schöne in der Kirche. Allerdings abgekürzt durch das Rasseln eines Schlüsselbundes. Der Kirchendiener wirft mich hinaus.

 

                                                                                                                                                                   nach oben